Nach einem fantastischen Triokonzert am 5. März mit Michael Kaeshammer und Konrad Herbolzheimer im wunderschönen Jurmala in Riga / Lettland (altehrwürdige Venue direkt am Meer, ausverkauftes Haus, tolle Backline und Crew, entsprechend inspirierte u. spielfreudige Band, großartiges Publikum und Finale bei Standing Ovations in einer Venue, in der sonst zu 90% Klassik stattfindet) und einem (also wohlverdienten) anschließenden Kurzurlaub im hohen Norden ging es für mich am 13. März zurück nach Hamburg und damit direkt ins Auge des Orkans.

Innerhalb von 7 Tagen war mein eigentlich satt gefüllter Kalender für 2020 komplett leerradiert!

Vorerst alle Konzerte bis wahrscheinlich Ende des Jahres, wenn nicht darüber hinaus, sind Corona-bedingt storniert.

Wer hätte diese Vehemenz der Geschehnisse geahnt, als wir noch guter Dinge über Frankfurt nach Lettland flogen?

 

Der anschließende Lockdown traf dann meine neu gegründete Schlagzeugschule BEAT! an empfindlicher Stelle: Komplettes Unterrichtsverbot bis auf weiteres bei gleichzeitig vollen laufenden Kosten und Verbindlichkeiten.

In Hamburg galt es nun für alle Musikschulen und Privatunterrichtsanbieter, 9 Wochen(!) am Stück zu überbrücken und zu improvisieren…

Unterm Strich ist das (knock on wood!!!) meiner Schule erstaunlich gut geglückt.

So bin ich sehr froh und stolz, dass es uns gelungen ist, innerhalb einer knappen Woche komplett von „analog“ auf „digital“ umzustellen und ff. einen qualitativ sehr hochwertigen Online-Unterricht aus dem BEAT! anzubieten, den wir unterfüttert haben mit vielen eigenproduzierten Videos für unsere Schüler. Trotz anfänglicher technischer Herausforderungen, die es zu meistern galt, ist uns unser Schülerstamm über diese lange Zeit fast ausnahmslos treu geblieben. Wahnsinn!! Darüber bin ich wirklich sehr dankbar.

Mittlerweile dürfen wir nun wieder „live“ unterrichten und freuen uns mächtig, endlich wieder mit unseren Schülern und Studenten gemeinsam im Unterricht zu spielen und sich persönlich zu begegnen.

 

In den letzten 3½ Monaten habe ich quasi rund um die Uhr gearbeitet, und es ist nahezu 100% meiner Zeit und Energie in die Rettung meiner Schule und meiner Existenz geflossen. Ein großes Glück, dass die Gesundheit mitspielte, dass ich und meine Liebsten sich bisher nicht am Virus infiziert haben! So weit, so gut.

Jetzt freue ich mich auf die 2. Jahreshälfte und hoffe, endlich wieder mehr Zeit für die Musik zu finden. Es gibt künstlerisch einiges Neues (und Altes) zu entdecken, und ich möchte unter anderem zwei neue Band-Projekte ins Leben rufen… Vielleicht lässt sich der Zwangspause ja auch etwas Gutes abgewinnen.. Man darf gespannt sein 😉

 

Heute startet nun die Sommerpause.

Ich gehe in diesem Jahr mit gemischten Gefühlen in den Sommer: Obwohl die Corona-Zahlen in Hamburg derzeit sehr gut aussehen, es kaum Neu-Infizierte gibt, so macht mir doch die internationale Entwicklung und auch das Verhalten vieler Nordlichter, die Corona anscheinend schon halb vergessen haben, große Sorgen:

Schon jetzt ist völlig unklar, ob Deutschlands Musiker & Künstler diese Pandemie werden überleben können. Wir haben weiterhin Berufsverbot, vorerst bis Ende Oktober, wahrscheinlich aber – mit leichten Lockerungen – deutlich länger. In Hamburg gab es eine einmalige Soforthilfe von €2.500, welche den solo-selbstständigen Künstlern zur Überbrückung dienen sollte. Ich kenne kaum einen Künstler, bei dem diese Finanzspritze nicht mittlerweile aufgebraucht wäre.

Viele – auch namhafte – Kollegen sind bereits gezwungen, Hartz 4 zu beantragen. Das empfinde ich als unfassbar tragisch und fatal für ein so reiches Land wie Deutschland.

Im jetzt startenden Konjunkturpaket der Bundesregierung wurden wir dann schlichtweg vergessen.

Kein wirklicher Zufall: Im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen hat die Kreativindustrie nämlich einfach keine Lobby. Speziell Musiker und Schauspieler arbeiten zwar in unterschiedlichsten Teams auf den Bühnen dieser Welt, sind aber leider in der Organisation ihrer Arbeit meist Einzelkämpfer.

Auch Konzertveranstalter, die vielen Clubs und Venues, die Festivals, die Agenturen, Zulieferer, Dienstleister, Caterer, PA- und Backline-Rentals, FoHs, lokale Crews und, und, und… kämpfen ums Überleben.

Ein zweiter Lockdown wäre für viele liebe und seit vielen Jahren top-professionell und erfolgreich arbeitende Kollegen der Musikindustrie, der Künstler- und Kulturszene und deren Familien das sichere Aus.

Bitte vergesst das nicht, wenn Ihr in den Sommer startet und Euch (wie wir alle) nach etwas Leichtigkeit, Normalität und unbeschwerter Lebenslust jenseits von Corona sehnt!

 

Ich finde es nahezu unfassbar, dass wir vielleicht immer noch im ersten Drittel der Pandemie stehen. Trotzdem glaube und hoffe ich, dass diese Pandemie, so schlimm sie ist, eine große Chance für die Menschheit sein kann, sich auf diesem Planeten anders, bewusster und nachhaltiger einzurichten und vielleicht Globalisierung neu zu denken.

May the Music be with us!!!

4 Musicians of Apocalypse

 

 

 

 

 

 

Bleibt gesund, bleibt munter, achtet auf Eure Nächsten, haltet zusammen, haltet durch, haltet Abstand!

Herzliche Grüße, Euer Stefan

 

 

Im Anschluss noch ein paar Souvenirs und Highlights aus der ersten Jahreshälfte:

 

Eine kleine aber feine Erinnerung an das Jazzfest Stuhr mit dem THOMAS MAREK QUARTETT im Januar 2020 – How Insensitive

 

 

Istanbul Mehmet Cymbals und Musik Wein baten mich, ein kleines Lehrvideo für die Lockdown Lessons von Istanbul Mehmet zu produzieren.

Spaß hat’s gemacht! Vielen herzlichen Dank an Carl Thomson und Curt Doernberg!